Die Berücksichtigung der vielfältigen kulturellen Ausprägungen der Region besitzt im Westerwald-Verein eine lange Tradition. Bereits 1904 wollte der damalige Vorsitzende Landrat Robert Büchting aus Marienberg das Aufgabenspektrum des „Westerwaldclubs“ weiter als die rein touristisch ausgerichtete Zielsetzung gefasst wissen. Er brachte sozialpolitische Aspekte ins Spiel, sah aber die Voraussetzungen zur Bekanntmachung und zum Verstehen des Westerwaldes nur dann gewährleistet, wenn neben die „gesunde Luft mit heilkräftigem Klima“ auch das Wissen um die Geschichte und Kultur trete. Lokale Bräuche, Märchen, Lieder, Sagen, Sprach- und Kleidungsformen nannte Büchting in diesem Zusammenhang. Hinzu kam weiterhin der Schutz der Natur, doch bis sich der Westerwaldclub als Spezialist für alle Fragen rund um die Bereiche Heimat, Natur und Kultur versteht, ist es noch ein weiter und steiniger Weg.
Unter dem Vorsitz Büchtings (1900-1919) trat der Westerwaldclub schließlich in seine vorerst innovativste und produktivste Phase ein. 1913 heißt es gemäß dem neuen umfassenden Selbstverständnis zu den Zielen in der Satzung auch: „… den Westerwald wissenschaftlich, besonders auf geologischem, geographischem, vorgeschichtlichem, geschichtlichem, volkskundlichem, wirtschaftlichem, literarischem und künstlerischem Gebiete zu erforschen und die Ergebnisse dieser Forschungen zu veröffentlichen.“ Dass hier explizit die „wissenschaftliche“ (!), möglichst komplexe Erfassung der „Heimat“ Westerwald angestrebt wurde, kann als ein aus heutiger Sicht hochmodernes Ziel gedeutet werden.
Der Erste Weltkrieg und interne Schwierigkeiten setzen diesen innovativen Ideen aber deutliche Beschränkungen. Seit 1922 stand jetzt das Wandern an erster Stelle der Vereinsziele, von einer wissenschaftlich fundierten Erforschung der Region war keine Rede mehr. Die „heimatbezogenen“ Aktivitäten der Mitgliedsvereine nahmen im Bereich der mundartlich und in Trachten vorgeführten Tanz-, Lied- und Laienspielhandlungen, wie den „Spinnstuben“, deutlich folkloristische Konturen an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es, bis sich der Westerwald-Verein wieder etablieren und sich langsam reformieren konnte. Ende der 1960er Jahre setzte eine Modernisierung ein, die den Verein als zuständigen Betreuer für alle Fragen rund um die Bereiche Wandern, Natur, Kultur und Heimat im Westerwald auf den heutigen Weg brachte.
Als Meilenstein initiierte der Westerwaldverein 1976 das Landschaftsmuseum Westerwald in Hachenburg, das seitdem als das „kulturelle Gedächtnis“ der Region gilt und neben Sachzeugnissen
aus dem Leben- und Arbeitsbereich vergangener Tage auch einen umfangreichen Foto-, Archivalien- und Buchbestand umfasst – inklusive des Archivs des Westerwaldvereins – und diesen für alle
Interessierten bereit hält.
Seit 1992 besteht zudem die Gesellschaft für Heimatkunde als Arbeitsgruppe im Westerwald-Verein. Sie teilt sich in verschiedene Arbeitskreise auf und richtet sich an alle interessierten Personen.
Die Kulturarbeit im Westerwald-Verein ist facettenreich und wird in den Zweigvereinen recht unterschiedlich gehandhabt. Gemeinsam ist dabei aber immer das Bewahren und Behüten kultureller Schätze aus Vergangenheit und Gegenwart in lokal- bzw. regionalspezifischer Perspektive.
Kontakt:
Dr. Moritz Jungbluth
Fachbereichsleiter Kultur im Westerwald-Verein
Landschaftsmuseum Westerwald
Leipziger Straße 1
57627 Hachenburg
Tel. 02662/7456
E-Mail: jungbluth@landschaftsmuseum-ww.de